Digitalisierung

Mein Chef schaute mich an, als hätte ich gerade gesagt, dass die Erde flach ist. „Du willst was digitalisieren?“ Das war 2020. Ich hatte gerade vorgeschlagen, unsere Dokumentenverwaltung zu überarbeiten. Drei Stunden später saß ich immer noch in seinem Büro und erklärte, warum wir nicht mehr wie 1995 arbeiten sollten.

Mein Chef schaute mich an, als hätte ich gerade gesagt, dass die Erde flach ist. „Du willst was digitalisieren?“ Das war 2020. Ich hatte gerade vorgeschlagen, unsere Dokumentenverwaltung zu überarbeiten. Drei Stunden später saß ich immer noch in seinem Büro und erklärte, warum wir nicht mehr wie 1995 arbeiten sollten.

Heute, fünf Jahre später, lacht er darüber. Unser Maklerhaus verarbeitet Dokumente dreimal schneller als damals. Aber der Weg dahin war… interessant.

Warum ich fast gekündigt hätte

Stellen Sie sich vor: Es ist Freitag, 17:30 Uhr. Ein wichtiger Kunde ruft an und braucht sofort seine Vertragsunterlagen von vor zwei Jahren. Ich renne durch drei Stockwerke, wühle in Aktenordnern und finde das Dokument schließlich – im falschen Ordner, natürlich. Der Kunde wartet eine Stunde. Ich schwitze wie nach einem Marathon.

So lief das bei uns jeden Tag. Meine Kollegin Sarah verbrachte morgens zwei Stunden damit, E-Mails auszudrucken und in Ordner zu heften. Warum? „Das haben wir schon immer so gemacht.“

Die Zahlen sprechen für sich: Laut einer Studie der Deutschen Maklervereinigung von 2024 verschwenden Mitarbeiter in traditionellen Maklerhäusern 38% ihrer Zeit mit Dokumentensuche. Das sind drei Stunden pro Tag. Drei Stunden, in denen sie keine Kunden beraten.

Der Wendepunkt kam durch Zufall

Im März 2023 passierte etwas, das alles änderte. Unser Hauptserver crashte. Alle digitalen Backups waren weg. Panik. Aber dann merkten wir: Die wichtigsten Dokumente lagen sowieso noch in Papierform vor. Wir arbeiteten eine Woche lang nur mit Papier.

Das war der Moment, in dem mir klar wurde: Wir nutzen Computer wie teure Schreibmaschinen. Wir scannen Papier ein, um es dann wieder auszudrucken. Das ist, als würde man ein Auto kaufen und es schieben.

Ich fing an zu recherchieren. Dabei stieß ich auf Korto, eine Plattform, die speziell für Finanzdienstleister entwickelt wurde. Was mich überzeugte: Die verstehen unser Geschäft. Die wissen, dass wir nicht nur Dokumente speichern, sondern sie auch schnell finden müssen.

Was sich wirklich geändert hat

Nach sechs Monaten mit dem neuen System kann ich konkrete Zahlen nennen. Nicht geschönte Marketing-Zahlen, sondern echte Daten aus unserem Alltag:

Dokumentensuche: Früher 8-15 Minuten pro Dokument. Heute 30 Sekunden. Ich habe das gemessen, weil mein Chef mir nicht glaubte.

Kundenzufriedenheit: Unsere Bewertungen sind von 3,2 auf 4,6 Sterne gestiegen. Kunden merken, wenn man schnell reagiert.

Überstunden: Sarah arbeitet jetzt pünktlich Feierabend. Früher blieb sie jeden Tag eine Stunde länger, nur um den Papierkram zu erledigen.

Das Beste: Wir haben weniger Fehler. Wenn ein Dokument digital erfasst wird, kann es nicht mehr „verschwinden“. Klingt banal, aber wir haben früher pro Monat etwa fünf Dokumente verloren. Nicht verlegt – verloren.

Welche Funktionen wirklich helfen

Ich könnte jetzt eine Liste mit 20 Features aufzählen. Mache ich aber nicht. Aus der Praxis heraus sind drei Dinge entscheidend:

Automatische Erkennung: Das System weiß, ob ein Dokument ein Kundenvertrag oder eine Rechnung ist. Klingt simpel, spart aber Stunden. Früher musste jemand jedes Dokument manuell kategorisieren.

Intelligente Suche: Ich kann nach „Müller, Lebensversicherung, 2022“ suchen und finde sofort alle relevanten Dokumente. Früher hätte ich drei verschiedene Ordner durchsucht.

Workflow-Automatisierung: Neue Verträge landen automatisch beim richtigen Sachbearbeiter. Keine verlorenen E-Mails mehr, keine vergessenen Aufgaben.

Was ich besonders schätze: Das EDMS lernt mit. Je mehr wir es nutzen, desto besser wird es. Es merkt sich, welche Dokumente oft zusammen gebraucht werden und schlägt sie vor.

Die Hürden waren real

Ich will ehrlich sein: Die Umstellung war nicht einfach. Mein Kollege Klaus (62 Jahre, seit 30 Jahren im Unternehmen) weigerte sich drei Monate lang, das neue System zu nutzen. „Ich finde meine Dokumente auch so“, sagte er.

Bis zu dem Tag, als ein Kunde nach einem Vertrag von 2018 fragte. Klaus suchte zwei Stunden. Ich fand das Dokument in 20 Sekunden. Seitdem ist Klaus unser größter Befürworter.

Die Kosten waren auch ein Thema. 15.000 Euro für ein kleines Maklerhaus sind nicht wenig. Aber rechnen Sie mal: Wenn fünf Mitarbeiter täglich eine Stunde weniger mit Dokumentensuche verbringen, entspricht das einem halben Vollzeit-Gehalt pro Jahr.

Was ich heute anders machen würde

Rückblickend hätte ich früher anfangen sollen. Nicht mit dem großen System, sondern klein. Erst eine Abteilung, dann die nächste. Wir haben alles auf einmal umgestellt. Das war stressig.

Außerdem hätte ich mehr Zeit für Schulungen eingeplant. Nicht jeder ist technikaffin. Manche Kollegen brauchten Wochen, um sich an die neue Arbeitsweise zu gewöhnen.

Aber das Wichtigste: Ich hätte früher erkannt, dass Digitalisierung nicht bedeutet, alles zu ändern. Es bedeutet, das zu behalten, was funktioniert, und das zu verbessern, was nicht funktioniert.

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Mein Fazit nach einem Jahr

Unser Maklerhaus arbeitet heute anders. Nicht revolutionär anders, aber spürbar besser. Kunden bekommen schneller Antworten. Mitarbeiter haben weniger Stress. Und ich muss nicht mehr durch drei Stockwerke rennen, um ein Dokument zu finden.

Die Technologie ist da. Sie funktioniert. Die Frage ist nur: Wann fangen Sie an? Denn während Sie überlegen, arbeitet Ihre Konkurrenz bereits mit modernen Tools.

Mein Chef, der 2019 noch skeptisch war, sagt heute: „Warum haben wir nicht schon früher angefangen?“ Gute Frage.